Nachgärung, Zucker und das Reinheitsgebot

In den letzten Tagen gab es einige Rückmeldungen zum Thema Zucker. Es ging dabei um die Frage, warum zur Nachgärung des Bieres in der Flasche der Einsatz von Traubenzucker empfohlen wird. Ich möchte dazu eine kurze Rückmeldung geben.

Die Brauanleitung richtig sich explizit an „Erstbrauer“ und Anfänger. Ich sehe mich selber nach wie vor als Anfänger und mir sind für Hobbybrauer drei Wege bekannt, um ihr Bier zu karbonisieren:

  • Grünschlauchen
  • Zugabe von Speise
  • Zugabe von (Trauben)zucker

Grünschlauchen
Ich braue nun seit über 2 Jahren und habe dieses Verfahren noch nie angewendet. Um ehrlich zu sein fehlen mir dazu auch die genauen Details. Ich habe das Thema aber bisher so wahrgenommen, dass dieses Verfahren für Anfänger vollkommen ungeeignet ist. Ich beschäftige mich nicht mit diesem Verfahren.

Zugabe von Speise
Ich habe dieses Verfahren für die ersten 3-4 Sude angewendet. Im Grunde ist es keine grosse Sache. Jetzt kommt das Aber: Die Speise muss „sauber“ entnommen werden. Sie muss aufbewahrt werden (ok viele frieren sie ein!) und beim Abfüllen muss man die richtige Menge haben. An dieser Stelle lande ich immer bei drei Begriffen: einfach, sicher und genau! Das Thema Speise bedeutet zusätzliche Schritte und einen zusätzlichen Aufwand. Der ist nicht gross, aber das Bier einfach vergären zu lassen und dann mit Zucker zu karbonisieren ist in meinen Augen einfacher. Kommen wir zur Sicherheit: Ich hatte noch keine Probleme mit Speise, aber ich habe Fotos von explodierten Speisepullen gesehen und ich denke, dass niemand sowas will. Einen Anfänger schreckt das auch ab! Und dann noch die Genauigkeit. Ich hatte die Problematik, dass ich mal zu wenig Speise hatte und dann musste ich eh Zucker verwenden. Ebenso war das Karbonisieren des Bieres immer so eine Glücksache und oft am gewünschten Ergebnis vorbei. Die Genauigkeit dieser Variante fand ich schon schwierig. Das ist aber nur meine persönliche Sicht und Erfahrung!

Zugabe von Zucker
Ich verwende nur noch dieses Verfahren! Eben, weil ich es – gerade für Anfänger – für einfach, sicher und genau halte. Dadurch, dass ich einmal zu wenig Speise hatte, konnte ich auch einen genauen vergleich zwischen einem Bier mit Speise und einem mit Zucker probieren. Meiner Meinung nach ist kein Unterschied zu schmecken.

Die Verwendung von Zucker zur Karbonisierung hält den Prozess schlank. Ebenso kann man viel genauer karbonisieren und läuft nicht Gefahr zu viel oder zu wenig Speise zu haben. Daher war und bin ich mit dem Ergebnis immer zufrieden gewesen und daher empfehle ich dieses Verfahren im Rahmen meiner Anleitung.

Noch ein letzter Punkt: Das Reinheitsgebot! Ich bin kein Gegner, aber auch kein Befürworter des RHG. Das RHG hat eine Historie und stellt sicherlich eine wichtige Basis für das Hobby Bierbrauen dar. Die aktuelle Entwicklung finde ich aber auch schwierig, wenn das RHG eher als Marketinginstrument verwendet wird. Oder anders gesagt: Das RHG sollte keine Bremse für Kreativität sein. Meiner Meinung nach sollte jeder die Freiheit besitzen sein Bier zu brauen, wie er es möchte: RHG konform oder eben nicht. Laut meinem Kenntnisstand ist die Zugabe von Zucker in obergärigen Bieren zulässig*. Da meine Brauanleitung als Rezept ein obergäriges Bier als Ergebnis liefert, sehe ich hier ebenso kein weiteres Hindernis die Karbonisierung mit (Trauben)zucker zu empfehlen.

Gut Sud!

*Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bierstdb/gesamt.pdf

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6 Antworten zu Nachgärung, Zucker und das Reinheitsgebot

  1. Franz Taubmann schreibt:

    Mit meinem Kommentar möchte ich gerne (m)eine gegenteilige Meinung zur Diskussion stellen, welche da lautet: Nur die Methoden Speisezugabe und Grünschlauchen sind handwerklich legitim, die Zugabe von Zucker ist dies meiner Meinung nach nicht. Begründung: Die Zugabe von Zucker verändert den Charakter des Bieres, da durch die Zugabe ja auch der Alkoholgehalt gesteigert wird – man erhält damit ein bierähnliches Gebräu, das die originale Würze gar nicht hergegeben hätte. Und bezüglich der Anfängertauglichkeit glaube ich, daß eher die Methode der Speisezugabe die Einfachere ist, da man dazu nur ein Meßbehältnis (Schnapsgläser) benötigt. Für die Zuckerzugabe benötigt man doch eine ziemlich genaue Waage, die zumindest auf Zehntel-Gramm genau sein muss (oder man setzt eine Zuckerlösung an, aber dann braucht man die für die Speisemethode notwendigen Meßbehältnisse ebenfalls). Und zum Grünschlauchen möchte ich noch anmerken, daß mir nicht ganz klar ist, warum im Web an jeder Ecke vor dieser Methode gewarnt wird. Es ist ja keine Hexerei, ein halbes bis 3/4-Grad (je nach Biertyp) vor Endvergärung auf die Flaschen zu füllen – Bierspindel (oder Refraktometer) hat man als Hobbybrauer sowieso, und Schnellvergärprobe zur Ermittlung des Endvergärgrates sollte ebenfalls zu jedem Sud durchgeführt werden. Meine ersten drei Sude habe ich mit der Methode der Speisezugabe gefüttert, seit damals schlauche ich nur mehr grün, weil’s einfach ist und ein zusätzlicher Arbeitsschritt beim Abfüllen entfällt. Aber jeder wie er mag, ich persönlich kann mich mit dem Zuckerpanschen jedenfalls nicht anfreunden.

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  2. brauanleitung schreibt:

    Danke für den Kommentar! Es ist ja immer prima, wenn es zu einem Thema mehrere Meinungen und auch verschiedene Wege gibt. Jeder hat so seinen Prozess und jeder kann es auch halten wie er möchte. Ich habe meine Meinung in dem Artikel ausführlich argumentiert und für mich ist das Verfahren legitim. Einen meiner ersten Sude habe ich zu 50% mit Speise und zu 50% mit Traubenzucker karbonisiert. Das Ergebnis haben mehrere geübte Biertrinker probiert und einen Unterschied im Charakter konnte niemand herausschmecken. Für mich ist das Karbonisieren mit Traubenzucker schlicht das Einfachste, Sicherste und Schnellste. Zuletzt habe ich eine Dosierhilfe verwendet, mit der ich genau 4g in jede 0,5er Flasche geben kann. Ergebnis: Perfekt! Für mich ist das auch kein „Panschen“, sondern ein Verfahren. Ich habe auch noch nie eine Schnellvergärprobe gemacht und ich wüsste auch nicht warum. Rein von meinem täglichen Ablauf und den räumlichen Gegebenheiten stellt das Grünschlauchen für mich keine Option dar. Wie gesagt: Jeder muss seinen Prozess finden! Ich halte die Karbonisierung mit Speise oder das Grünschlauchen – gerade für Erstbrauer – nicht für die ideale Option.

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  3. Hyper472 schreibt:

    Hallo Timo, Hallo Franz,

    auch ich bin ein Freund des RHG, aber ich mache keinen Götzen daraus. Nach Rückfrage bei den Besserbrauern habe ich mich entschieden, statt des Zuckers mit Trockenmalzextrakt zu karbonisieren.
    Leider habe ich noch keine praktische Erfahrung (teile die aber bei Interesse natürlich gerne mit; der erste Sud gärt gerade). Was haltet Ihr von der Idee mit dem Trockenmalzextrakt? Ich erhoffe mir davon die Einfachheit der Zucker-Methode bei gleichzeitiger Bewahrung der RHG-Romantik.

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  4. Zuckerzusatz schreibt:

    Hallo,

    Als Hobbybrauer habe ich mir natürlich auch über das RHG und Zuckerzusatz Gedanken gemacht. Ich benutze zu Karbonisierung Zuckerlösung, denn die anderen Methoden haben für mich entscheidende Nachteile.
    Beim Grünschlauchen ist es – insbesondere bei obergärigem Bier – schwierig den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, wenn man berufstätig ist. Mir bleiben zwischen Job und Schlafen gerade mal ca. 4 Stunden in denen ich Schlauchen kann. Bei einem Bier, das in wenigen Tagen durchgegoren ist, liegt der richtige Zeitpunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit außerhalb dieser Zeit.

    Beim Karbonisieren mit Speise muss die richtige Menge zurückbehalten werden. Im günstigsten Fall habe ich exakt die richtige Menge, im ungünstigeren habe ich ein paar hundert ml übrig (wegwerfen? Nachvergären? Trotzdem zugeben?) und im schlimmsten Fall reicht es nicht und ich muss Zucker benutzen.

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  5. wfritz schreibt:

    Hallo zusammen!
    Ich wechsle zur Zeit von der Speisezugabe zur Zuckerdosierung, weil ich letztere für einfacher halte. Die Speisezugabe ist deswegen problematisch, da ich zum Zeitpunkt der Speisentnahme den Extraktgehalt der vergorenen Würze noch nicht kenne. Da die Menge vom Carbonisierungsgrad abhängig ist und dieser von Biersorte zu Biersorte verschieden ist, ist die Einzeldosierung sehr umständlich, da ein vorgegebenes kleines Gefäß eben nicht immer passt. Deshalb schlauche ich nach der Hauptgärung in einen zweiten Behälter um und lege dort die genau abgewogene Zuckermenge vor. Diese muss natürlich gut mit der Würze vermischt werden. Alternativ kann man ja auch den Gesamtzucker in abgekochtem Wasser lösen und dann zugeben. Im Moment bin ich mir noch nicht ganz schlüssig was das bessere Verfahren ist: Zugabe von Zucker oder von Zuckersirup. Vielleicht hat da noch jemand eine Empfehlung!

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